Das EU-Expertengremium für nachhaltiges Finanzwesen hat am Mittwoch seine Empfehlungen an die Kommission überreicht. Der WWF Deutschland begrüßt sie nicht nur als wichtige Vorlage für den anstehenden Sustainable Finance Action Plan der EU-Kommission, sondern besonders als Impuls für die nächste Bundesregierung. Denn in Deutschland wurde bisher verpasst, Nachhaltigkeitsaspekte systematisch ins Finanzsystem zu integrieren. „Mit der Agenda des Expertengremiums kann Europa zu einem der ambitioniertesten nachhaltigen Finanzstandorte werden. Dafür müssen die Kommission und weit zurück hängende Mitgliedsstaaten wie Deutschland aber nachziehen“, sagt Matthias Kopp, Head Sustainable Finance beim WWF Deutschland.

 

Ein zentraler Vorschlag der sogenannten High-Level Expert Group on Sustainable Finance ist die Erarbeitung einer Taxonomie, wie Nachhaltigkeit im Finanzwesen bestimmt sein soll. Das könnte die notwendige Rechtssicherheit und damit hohe Dynamik schaffen. „Solch eine Systematik zu erarbeiten, darf aber weder wenigen Experten vorenthalten, noch darf sie endgültig sein. Stattdessen muss sie Beteiligung und Weiterentwicklung ermöglichen.“

 

Ein weiterer essentieller Punkt betrifft die Risikoerfassung. „Die High-Level Expert Group empfiehlt, Risiken – auch Umweltrisiken – besser zu erfassen und damit Stabilität zu sichern und nachhaltiges Wachstum zu fördern. Dies sind zentrale Handlungsfelder auch für unsere neue Bundesregierung. Bislang hat sich Deutschland in Finanzfragen eher mit Starre hervorgetan statt mit Aufbruch und Gestaltung“, sagt Kopp. „Dabei liegt es im Interesse der Politik, das Finanzsystem nachhaltig auszurichten: Denn unabhängig voneinander lassen sich Politikziele etwa zur Emissionsminderung nicht erreichen. Die Bundesregierung ist mehr denn je gefragt, auf dem Weg in eine emissionsfreie Wirtschaft das Finanzsystem als Hebel zu nutzen.“

 

Dafür müssen zum Beispiel Klimarisiken mittelfristig verpflichtend identifiziert und transparent gemacht werden. „Eine systematische Abschätzung von Risiken aus zukünftigen Entwicklungen und die entsprechende Nutzung von Szenarioanalysen gehören sowohl in Prozessen der Akteure wie auch der Regulierungs- und Aufsichtspraxis zeitnah verpflichtend dazu“ sagt Kopp. Richtig und wichtig wäre auch, die Fragen von treuhänderischen Pflichten mit der Berücksichtigung eben dieser Risiken sowie den Auswirkungen einer Investmententscheidung zu verbinden.

 

Hintergrund:
Die hochrangige EU-Expertenkommission zum nachhaltigen Finanzwesen, kurz HLEG (High-Level Expert Group on Sustainable Finance), wurde Ende 2016 von der EU-Kommission einberufen. Sie besteht aus Experten des Finanzwesens, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft. Die Gruppe sollte für die EU-Kommission Empfehlungen zur systematischen Verankerung von Nachhaltigkeitsaspekten im Finanzwesen der Europäischen Union erarbeiten.